Sie sind hier: Kaffee-Infos » Die älteste Kaffeebohne der Welt

Die älteste Kaffeebohne der Welt

Seit wann Kaffee, genauer Coffea arabica, geröstet und verhandelt wird liegt nach wie vor im Dunkel der Historie verborgen. Ausgrabungen Ende der neunziger Jahre in Ras al-Khaima, am Persischen Golf gelegen, haben zumindest den bisher ältesten (schriftlichen!) Beleg für gerösteten Kaffee um einige Jahrhunderte zurück verlegt.

Bis dahin war der älteste bekannte schriftliche Beleg für das Rösten von Kaffeebohnen und der Zubereitung eines Getränks daraus eine Aufzeichnung von Abd-al-Kafir aus dem Jahr 1587. Das Manuskript wird in Paris in der Nationalbibliothek aufbewahrt und soll auf einer 100 Jahre älteren Schrift von Shihab-al-Din beruhen, die allerdings verloren gegangen ist.

Karte Arabische Halbinsel
Ras al-Khaima liegt nahe der Grenze an der Nordspitze des Oman

Dass zumindest Rohkaffee schon früher verwendet und verhandelt wurde, belegen verschiedenen schriftliche Quellen. So erwähnt der persische Arzt Razi (vermutl. 865–925), im Abendland als Rhazes oder Razes bekannt (1), die grünen, ungerösteten Kaffeebohnen als medizinisches Heilmittel. Eine weitere schriftliche Erwähnung erfolgte angeblich durch Ibn-Sina, einem heilkundigen, auch als Avicenna bekannten Philosophen, der ein aus dem Jemen kommendes Heilmittel namens "Bunchum" beschrieb (2). "Bunn", ein arabisches Wort (3), das ursprünglich sowohl die Kaffeepflanze als auch das Getränk bezeichnete, wird heute zwar nicht mehr im Jemen verwendet (es wurde abgelöst durch die arabische Bezeichnung "Qahwa"), ist aber nach wie vor überall in Äthiopien in Gebrauch. In Algerien heißt Kaffee bis heute "shaadhiliyye", benannt nach Ali Ibn Umar al-Shaadiliyye, dem nachgesagt wurde, er habe als erster den Kaffee als Getränk von Ethiopien als Heilmittel nach al-Mokha im Jemen gebracht. Al Shaadhiliyye starb 1418. Allgemein wird davon ausgegangen, dass algerische Reisende in Kairo erstmals mit dem Kaffee in Berührung kamen. Kairo war schon damals ein wichtiges Zentrum der islamischen Welt und "Umschlageplatz" von Handelsgütern und Ideen sowie Zwischenstationen für viele Pilgerer auf ihrer Hadj nach Mekka. Die Begegnung mit dem Kaffeegetränk kann dann aber frühestens zu Lebzeiten von Ali Ibn Umar al-Shaadiliyye erfolgt sein.

Luftbild
Der rote Punkt markiert den Ausgrabungsort in Ra al-Khaima

Bei Ausgrabungen in Ras al-Khaima, dem kleinsten der arabischen Emirate, wurden nun bei Ausgrabungen erstmals Reste verkohlter, gerösteter Kaffeebohnen gefunden. Die Bohnenreste, bei denen es sich eindeutig um "Coffea arabica" handelte, lagen in einer Schicht, die auf Grund gut zuweisbarer Keramikfunde auf das 12, und 13. nachchristliche Jahrhundert datiert wurde. Die C 14-Datierung der Bohnenreste ergab das gleiche Zeitfenster (4). Damit kann mit Sicherheit gesagt werden, dass die Kunst des Kaffeeröstens bereits im 12./13. Jahrhundert bekannt gewesen ist, und zwar über die Grenzen der beiden einzigen Ländern hinaus, in denen damals Kaffee angebaut resp. gesammelt wurde: Jemen und Äthiopien.

Die Frage ist nun: von wo aus kam der Kaffee nach Ras al-Khaima? Denn dass der Kaffee in Ras al-Khaima oder in näherer Umgebung angebaut wurde, kann auf Grund der damals wie heute klimatisch ungünstigen Bedingen für den Kaffeeanbau ausgeschlossen werden. Es kommen also nur die beiden Länder Äthiopien und eventuell Jemen in Frage. Natürlich würde man, da geografisch näher liegend, dem Jemen gerne den Vorzug geben; aber beweisen läßt es sich nicht. Diese Vermutung äußert auch Dr. Adrian Parker, ein Palöobotaniker, der als Entdecker der Bohnenreste gilt. Stimmt diese Vermutung, und der Kaffee stammt tatsächlich aus dem Jemen, dann muss er dort deutlich früher als bisher angenommen, nicht nur angebaut, sondern auch geröstet und als Getränk genossen worden sein: nämlich lange vor der bisher angebommenen Einführung durch Ali Ibn Umar al-Shaadiliyye! Spannende Fragen tun sich auf. Die meines Erachtens spannendste Frage hingegen ist nicht die nach dem "woher", sondern die nach dem "warum": "Warum" kamen die Kaffeebohnen damals nach Julfar in Ras al-Khaima?

Die Ausgrabung in Ras al-Khaima unter Leitung von Derek Kennet sollten der Klärung der Handelsbeziehungen über den Indischen Ozean dienen. Ausgrabungsort, und damit Fundort der Kaffeebohnen, war Kush (identisch ist mit dem älteren Julfar, das Mitte des 14. jahrhunderts an die Küste verlegt wurde) einer über Jahrhunderte wichtigen Hafen- und Handelsmetropole am Inischen Ozean. Schon im 10. Jahrhundert berichtete der arabische Geograf al-Muqdasi und später der berühmte al-Idrisi von der großen und wichtigen Handelsmetropole Julfar. War Kaffee also im 12./13. Jahrhundert ein Handelgut, das seinen Weg über den Indischen Ozean fand? Eine bis dato unbeantwortete Frage.

Eine weitere interessante Frage ist die nach dem Zeitpunkt der Erfindung des Röstens der grünen Kaffeebohnen. War das Rösten zu Lebzeiten Rhazes im 9./10. Jahrhundert bereits bekannt (er erwähnte wohlgemerkt nur die grünen Kaffeebohnen als Heilmittel), oder hatte er lediglich keine Kenntnis davon? Da Rhazes als großer Gelehrter seiner Zeit galt ist man eher zu dem Schluß geneigt zu sagen, dass das Rösten der grünen Bohnen und das Zubereiten des Kaffeegetränks damals noch unbekannt waren. Die Erfindung des Röstens müsste demzufolge zwischen Rhazes Lebzeiten im 9./10. Jahrhundert und dem bisher ältesten archäologischen Nachweis des Röstens in Julfar im 12./13. Jahrhundert liegen. Ob sich die Erfindung des Kaffeeröstens tatsächlich in diesem engen Zeitfenster abgespielt hat, kömmen wir nicht sagen. Einen anderen Schluss lässt die aktuelle Quellenlage allerdings derzeit nicht zu. Und wo die Erfindung stattfand, steht noch ein Mall auf einem ganz anderen Blatt geschrieben.

Anmerkungen

  1. Strübig, Geschichte der Zahnheilkunde, Köln 1989
  2. In allen mir zur Verfügung stehenden Sekundärquellen wird zwar die schriftliche Erwähnung des aus dem Jemen stammenden Heilmittels "Bunchum" erwähnt, ohne aber auf die Primärquelle hinzuweisen!
    Zu Ibn-Sina heißt es in Wikipedia: Abū ʿAlī al-Ḥusayn ibn ʿAbd Allāh ibn Sīnā
    , latinisiert Avicenna (arabisch ابن سينا‎ - ibn Sīnā ; persisch ابو علی سینا‎ - Abū ʾAlī Sīnā; * 980 in Afschana bei Buchara im persischen Samanidenreich, heute Usbekistan; † Juni 1037 in Hamadan, Iran) war ein persischer Arzt, Physiker, Philosoph, Jurist, Mathematiker, Astronom und Alchemist. Er zählte zu den berühmtesten Persönlichkeiten seiner Zeit. Einige seiner philosophischen Ausarbeitungen wurden von späteren Mystikern des Sufismus rezipiert. George Sarton bezeichnete Ibn Sina als „den berühmtesten Wissenschaftler des Islam und vielleicht aller Zeiten“.
  3. Alan S. Kaye, The Etymology of "coffee": The Dark Brew, Journal of the American Oriental Society, Vol. 106, No. 3, Jul.-Sep. 1986, pp. 557-558; URL: www.jstor.org/stable/602112).
  4. Wie genau der Fund der gerösteten Kaffeebohnen datiert werden kann wissen wir erst, wenn die Grabungsergebnisse publiziert sind.